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Kultursensible Sterbebegleitung

Aktualisiert: 15. Nov. 2023

Der Tod begleitet professionell Pflegende stärker als andere Berufsgruppen. Eine besondere Herausforderung ist dabei auf die verschiedenen Menschen und Religionen individuell einzugehen. Wir werfen einen Blick auf Rituale und wie sie umgesetzt werden können.

Christen

Die Christen teilen den Großteil ihrer Rituale in den letzten Stunden und nach den letzten Stunden von Sterbenden. Für beide gilt, dass auf Wunsch ein Geistlicher verständigt werden sollte, der den Sterbeprozess mit Gebeten und Gesprächen begleitet. Die Angehörigen spielen für beide christlichen Prägungen eine wichtige Rolle in der Sterbebegleitung. Sie sollten, sofern die Sterbenden keine Einwände haben, dringend informiert werden.

Unterschiede sind vor allem in den Gebeten und den religiösen Büchern zu finden. Während Evangelen den Psalm 23, das Lied „So nimm den meine Hände“ bevorzugen und das Glaubensbekenntnis, ist bei den Katholiken die Beichte und das Gesangbuch „Gotteslob“ eine Besonderheit. Katholiken neigen auch eher zum Wunsch nach Rosenkränzen, Medaillons mit Abbildungen des Papstes, der Jungfrau Maria oder von Heiligen und einem Kruzifix.

Der Umgang mit den Verstorbenen ist bei Katholiken und Evangelen gleich. Das Licht im Zimmer sollte gedimmt sein, eventuell sollte eine Kerze angezündet werden, die den Glauben an die Auferstehung symbolisiert. Ein Geistlicher kann eine Andacht halten. Manche Angehörigen wünschen sich, dass die Hände wie zum Gebet gefaltet werden.

Juden

Bei Juden sollten ebenfalls die Angehörigen und auf Wunsch ein Geistlicher informiert werden. Zusätzlich sollte die Thora gereicht werden, wenn Sterbende darum bitten. Eine Besonderheit ist, dass Jüdinnen und Juden niemals die Hoffnung auf Gesundung genommen werden sollte. Jeder jüdische Mensch sollte, so lang wie möglich, leben und damit Gott dienen. Lebensverkürzende Maßnahmen lehnen sie deswegen häufig strikt ab.

Nach dem der Tod eingetreten ist, dauert es acht Minuten bis eine Daunenfeder auf Nase und Mund der Verstorbenen gelegt wird. Der Sohn oder der nächste männliche Angehörige verschließt die Augen und den Mund. Daraufhin wird der Leichnam etwa eine halbe Stunde allein gelassen.

Orthodoxe Juden beauftragen sogar eine eigene Gesellschaft, um die Versorgung der Verstorbenen zu gewährleisten. Die Chewra Kadischah – „heilige Gemeinschaft“ – streckt die Hände der Verstorbenen entlang des Rumpfes aus. Sie werden gewaschen und mit einem weißen Hemd gekleidet. Der Körper wird mit einem weißen Tuch bedeckt und so aufgestellt, dass es in Richtung der Tür zeigt. Auf dem Nachttisch wird in Kopfhöhe eine Kerze angezündet. Diese Aufgaben können auch von Pflegekräften übernommen werden.

Buddhismus

Buddhisten wollen im Gegensatz zu Juden frühzeitig über den bevorstehenden Tod informiert werden. So können sie sich besser auf ihn vorbereiten. Zumeist zeichnen sich sterbende Buddhisten durch eine große Gelassenheit gegenüber dem Tod aus. Sie sollten auf die rechte Seite gedreht werden, da Buddha ebenfalls so gestorben sein soll. Manche Buddhisten bevorzugen hingegen in der Mediationsstellung zu versterben – oder wenigstens in einer möglichst aufrechten Körperhaltung.

Nachdem buddhistische Gläubige verstorben sind, soll der Körper eine dreiviertel Stunde lang nicht berührt werden. Angehörige und Mitglieder der Gemeinschaft bleiben bei den Toten und meditieren. Im buddhistischen Glauben wird davon ausgegangen, dass 68 Stunden nach dem Tod das Bewusstsein der Verstorbenen wiedererwacht und der sogenannte Bardo-Zustand beginnt. Der Bardo-Zustand dauert sieben Wochen lang an. In dieser Zeit lesen die Angehörigen aus dem tibetischen Totenbuch, das dem Verstorbenen anleiten soll, in eine Wiedergeburt zu finden. Das tibetische Totenbuch – Bardo Thödröl – ist durchaus ein Durchlesen wert.

Islam

Bei muslimischen Sterbenden sollten die Angehörigen und ein islamischer Seelsorger gerufen werden. Sie heben die Finger gen Himmel und sprechen das Shahada – das Sterbegebet – und das islamische Glaubensbekenntnis. Schaffen die Sterbenden es nicht mehr aus eigener Kraft, heben die Angehörigen, ein andere muslimisch Gläubige oder – sollte niemand anders verfügbar sein – auch andere Gläubige die Finger. Wichtig zu beachten ist, dass muslimische Menschen nicht durstig sterben dürfen. Es sollte immer für genügend Wasser gesorgt sein und ihm stetig das Trinken angeboten werden. Während des Sterbeprozesses sollten sie in Richtung Mekka blicken. Bereits vor dem Eintritt des Todes werden die Augen geschlossen und dabei ein Gebet gesprochen.

Nach dem Tod wird der Leichnam mit fließendem Wasser gewaschen. Dies ist nur von einem Iman oder einem anderen unterwiesenen muslimischen Menschen durchzuführen. Sollte das nicht möglich sein, wird es später nachgeholt. Die Hände sollten immer an der Seite des Leichnams gelegt werden. Für muslimische Angehörige kann es sehr schwer sein, wenn Andersgläubige ihre Verstorbenen versorgen. Hier sollte offen gefragt werden, was sie sich wünschen.

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