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Konflikte in der Praxisanleitung

Aktualisiert: 13. Nov. 2023

Heute hat es gekracht. So richtig. Die Schülerin Frau Schuster soll am Wochenende einspringen. Sie hat jedoch bereits Pläne und weiß auch, dass es keine „Dienstverpflichtung“ geben darf. Ihre Kolleginnen und Kollegen werfen ihr jetzt vor, wie unkollegial und egoistisch sie ist. In der Übergabe spitzt sich die Situation zu und Frau Schuster platzt der Kragen. Sie sagt „Nur, weil Ihr alle Eure Rechte nicht kennt, ist das nicht mein Problem. Ich werde am Wochenende nicht hier sein und mir von Euch auch kein schlechtes Gewissen machen. Auf diese Station sollte niemals eine Schülerin eingesetzt werden – Ihr bringt nur schlechte Sachen und dann auch noch falsche Vorgehensweisen bei! Kein Wunder, dass Ihr keine neuen Kolleginnen und Kollegen bekommt, wenn Ihr sie so herablassen behandelt!“ und verlässt den Raum.

Puh, das hat gesessen. Die Kolleginnen und Kollegen schütteln nur mit dem Kopf. Eine murmelt: „Nur, weil sie einmal einspringen soll…“.

Sabine Becker ist die zuständige Praxisanleiterin und mit der Situation ganz schön überfordert. Bisher wusste sie gar nicht, dass Frau Schuster so schlechte Erfahrungen auf ihrer Station gemacht hat. Sie dachte eigentlich, dass sich Frau Schuster sehr wohl fühlt. In den letzten vier Wochen hat sie auf jeden Fall einen sehr lernwilligen Eindruck gemacht und hat auch mehrfach einer Änderung des Dienstplans zugestimmt. Frau Becker ist ratlos.


Offene Kommunikation ist immer richtig

Frau Becker verlässt die Übergabe und sucht Frau Schuster. Sie treffen sich vor der Umkleide und Frau Becker spricht Frau Schuster an: „Was ist denn los? Ich dachte, Du bist ganz zufrieden bei uns?“ Frau Schuster ist immer noch sichtlich verärgert und antwortet: „Wissen Sie, ich bin jetzt vier Wochen da und sollte sieben Mal einen anderen Dienst machen. Immer bin ich bereitwillig eingesprungen oder habe meinen Dienst ändern lassen. Jetzt habe ich endlich am Wochenende mal was vor, was mir wichtig ist und mir wird sofort von den anderen vorgeworfen, ich wäre egoistisch. So oft wie ich ist niemand von denen eingesprungen. Ich habe keine Lust mehr auf diese Station!“.

Frau Becker ist froh, dass sie diese Frage gestellt hat und beginnt langsam das Problem zu verstehen. Sie spricht noch eine ganze Weile mit Frau Schuster und merkt: Frau Schuster fühlt sich ungerecht behandelt und überhaupt nicht wahrgenommen.




Konflikte beginnen oft unterschwellig – und müssen über Gespräche gehoben werden

Das Beispiel zeigt auch einen ganz typischen Verlauf von Konflikten. Sie beginnen unterschwellig und werden kaum wahrgenommen. An einem gewissen Punkte gibt es dann einen Vorfall und der Konflikt wird sichtbar. Im Volksmund kennt man dies auch als „Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte“. Spätestens jetzt müssen mit allen Parteien offene Gespräche geführt werden – in der Regel gibt es hier noch keine Lager und ein Gespräch kann die Situation klären. Später wird das schwieriger (wer Theorie mag, kann sich mal die Stufen nach Glasl anschauen). Auch hier sehen wir, dass Kommunikation in solchen Situationen sehr wichtig ist.


In der Praxisanleitung haben wir immer wieder kleinere und größere Konflikte. Praxisanleitende sollten immer den direkten Draht zu den Lernenden haben und Missverständnisse gleich zu Beginn sehen. Sollte es doch zu Konflikten kommen, sollten Sie diese offen besprechen. Falls es nicht gut funktioniert, sollten unbeteiligte Dritte oder auch Mediatoren hinzugezogen werden.


Wenn Sie mehr über das Thema Konfliktmanagement in der Praxisanleitung wissen möchten, besuchen Sie gerne unsere Fortbildung im Rahmen der berufspädagogischen Fortbildungen.

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