In der Debatte um den Pflegenotstand wird immer wieder der akute Personalmangel als Hauptgrund der aktuellen Situation angeführt. Die Ursachen dafür sind jedoch oft hausgemacht, indem über Jahre der Kostendruck in erster Linie an die Pflege weitergegeben worden ist. Die Folgen davon waren in erster Linie Einsparungen beim Personal, was wiederum zu den Arbeitsbedingungen führte, die maßgeblich für die aktuelle Lage verantwortlich sind. Pflegekräfte bleiben im Schnitt etwa sieben Jahre nach der Ausbildung im Beruf und wandern danach in andere Bereiche ab, wobei auch bereits während der Ausbildung eine hohe Fluktuationsrate zu verzeichnen ist.
Rund 30% der Auszubildenden in Pflegeberufen brechen ihre Ausbildung vorzeitig ab, und dieser Prozentsatz zählt damit branchenübergreifend zu den höchsten Werten der Ausbildungsabbrecherquote. Die Ursachen dafür sind häufig nicht in mangelnder Bezahlung zu suchen, da die Ausbildungsvergütung in der Pflege hoch ist.
Vielmehr sind es schlechte Arbeitsbedingungen, wie beispielsweise die kaum vorhandene Zeit für die gezielte Ausbildung und eine hohe emotionale Belastung, die dafür sorgen, dass viele Auszubildenden in der Pflege die Ausbildung zu ihrem angestrebten Beruf vorzeitig abbrechen. Auch gibt es bislang kaum Aufstiegschancen in der direkten Patientenversorgung für akademisierte Pflegefachpersonen, was vielen jungen Menschen erst im Laufe ihrer Ausbildung bewusst wird. Hinzu kommt, dass eine Ausbildung im Pflegebereich immer in Konkurrenz zu anderen Berufen steht, in denen meist deutlich bessere Bedingungen vorgefunden werden.
Wie können die Ausbildungsabbrüche verhindert werden?
Um zu verhindern, dass junge Menschen die Ausbildung in der Pflege abbrechen, gibt es verschiedene Ansätze. Einige Arbeitgeber haben beispielsweise mittlerweile spezielle Ansprechpartner*innen und Sozialarbeiter*innen für ihre angehenden Pflegekräfte beschäftigt. Die Bedingungen für Auszubildende verbessern sich dabei jedoch nur geringfügig, da sich die Arbeitsbedingungen nicht durch Gesprächsangebote allein verändern lassen.
Außerdem braucht es grundlegende Veränderungen in der Ausbildung und im Hinblick auf die Auszubildenden. Auf vielen Stationen werden angehende Pflegekräfte lediglich als günstige Helfer*innen eingesetzt. Um fundiert auf die Ausbildungsinhalte einzugehen, bleibt da kaum Zeit. Außerdem sind die dringend benötigten Praxisanleitenden häufig ebenfalls selbst so stark in den Pflegealltag eingebunden, dass für die fachlich fundierte Unterweisung der Auszubildenden zu wenig Zeit bleibt.
Durch die Corona Pandemie wurde auch die Pflegeausbildung vor neue Herausforderungen gestellt. Die Pflegeschulen mussten ihren Unterricht von heute auf morgen digital durchführen, ohne die nötige Ausstattung und Erfahrung zu haben. Die „neuen“ Auszubildenden wurden teilweise ohne theoretisches Vorwissen in die Praktischen Einsatzorte geschickt. Außerdem haben die Auszubildenden oft pflegeferne Tätigkeiten übernommen, da für die zusätzliche Mehrarbeit nicht ausreichend Personal vorhanden war. Auch die Anleitung durch die Praxisanleitenden ist durch die Pandemie vernachlässigt worden, da es häufiger zu Ausfall von Personal kam. Dennoch sollten auch beim Vorkommen solcher Herausforderungen die Auszubildenden nicht vernachlässigt werden. Die Schülerinnen, Schüler und Studierenden dürfen nur die Tätigkeiten übernehmen, die ihrem individuellen Ausbildungsstand entsprechen. Ein Einsatz ohne Berücksichtigung der jeweiligen Kompetenzen kann schwerwiegende Folgen sowohl für die Auszubildenden, die Ausbildungspersonen und für die ausbildende Institution haben. Nicht zuletzt können auch die Auswirkungen für die zu pflegenden Personen bisweilen lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Die Lernenden dürfen daher zwingend nur ihren Kompetenzen entsprechend eingesetzt werden. Es ist unbedingt zu vermeiden, dass die neuen angehenden Kolleginnen und Kollegen ohne jegliche theoretische Vorbereitung in den praktischen Ausbildungsorten eingesetzt werden. Ansonsten sind gefährliche Überforderungssituationen zu erwarten, woraus eine weitere Erhöhung der Fluktuationsrate während der Ausbildung entstehen kann. Qualifizierter pflegerischer Nachwuchs wird dringend benötigt und sollte daher nicht von Anfang an „verheizt“ werden.
Quellen: Nadine Millich(2021): Pflegeausbildung - Hohe Abbrecherquote zu Ausbildungsbeginn (bibliomed-pflege.de)
HANDLUNGSBEDARF- JETZT:
Um so wichtiger ist es, den begleitenden PAL unbedingt gehirngerechte und praxisnahe Anleitungsmethoden zur Verfügung zu stellen. Ebenso sehe ich es als zwingend notwendig an, dass auch die PAL Methoden für theoretische Wissensvermittlung und eigenständiges Lernen erhalten, damit sie den Lernenden diesbezüglich Hilfestellung und Anwendungshinweise geben können. Eine starke Kooperation, nicht nur auf dem Papier, zwischen Schule und Praxis ist zwingend notwendig. Darüber sollte nicht nur geredet, sondern einfach gehandelt werden. Die Lernenden werden es uns DANKEN und sie werden als Pflegefachkräfte den Beruf wieder oder gar NEU als Berufung wahrnehmen und weiterempfehlen.
LG Jeannette Wolf- Dozentin und Coachin im Gesundheits- und Sozialwesen